Essay, Web3

Web3 wird der Wettbewerb der Frontends

~2008 war ich fest vom aufkommenden Web 2.0 und seinen Versprechungen eines offeneren, partizipativeren und gleicheren Web überzeugt. Begriffe wie Prosument (read-write) – statt der reine Konsument (read) wie noch im Web 1.0 – wurden geboren und es war vom “Mitmach-Internet” bzw. interoperablen Web (durch selbstgehostete Blogs und Technologien wie RSS, Microformats und APIs) die Rede.

Doch es kam bekanntermaßen anders. Im jetzt entstehenden Web3 sehe ich einige Parallelen zur Anfangszeit und der Aufbruchstimmung damals. Doch auch wesentliche Unterschiede.

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Essay, Web3

Generative Kunst

Computer-Kunst und generative Kunst sind nicht neu, fast 30 Jahre sind allein seit Albert Oehlens Computer Paintings vergangen. On-chain generative art allerdings ist in seiner Form eine neue Richtung: hierbei wird der Code bzw. Algorithmus direkt auf eine Blockchain programmiert, durch auslösen dessen, das sog. minten (meist durch die Kunstkäufer:innen, die somit Bestandteil der Werkerstellung werden) wird ein Output generiert. Oftmals gibt es mehr Iterationen als früher, bei denen zwar in den besten Werken untereinander eine Ähnlichkeit vorhanden ist, aber keine zwei Iterationen genau gleich aussehen. Durch diesen Prozess des Mintens wird auch in den meisten Fällen keine Vorauswahl durch die Künstler:innen getroffen.

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Essay

The Future of Energy

The energy market is undergoing a far-reaching structural change. On one hand, a large proportion of energy is becoming electricity-based. On the other, “electricity” itself is changing: from predictable to more volatile sources and from centralized to decentralized production (where residential and corporate customers are not only consumers, but become producers themselves), while the individual producing and consuming assets need to be connected & controlled for better use.

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Essay

Das beste Europa, das wir kennen.

Vorige Woche sah ich eine Rede von Dr. Navid Kermani, die er anlässlich des 65. Geburtstages des Grundgesetzes vor den Abgeordneten des Bundestages hielt. Er lobte stark und überschwänglich den Weitblick der Mütter und Väter des Grundgesetzes. Er kritisierte die deutsche Asylpolitik, ja, aber er lobte die Grundrechte, die unsere Verfassung festschreibt. Er wies darauf hin, dass noch nicht alle im Grundgesetz verankerten Prinzipien in gebührendem Rahmen umgesetzt sind, doch kam, nachdem er die unmittelbare Vergangenheit Europas dargelegt hatte, Nationalismus und Schützengräben, Kalter Krieg und Berliner Mauer, zum Schluss: Wir leben im besten Europa, das wir kennen.

Ich dachte darüber nach, aber vergaß die Rede schnell wieder.

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Denkt niemand an die Tiere?, Essay

Mensch & Tier.

Tiere kommen in menschlichem Denken hauptsächlich mit Besitz- und Herrschaftsansprüchen vor. Herrschaft zeigt sich bereits, wenn von Mensch auf der einen Seite und Tier auf der anderen Seite gesprochen wird, also eine einzelne Art dem Rest gegenübergestellt wird. Ein speziesistischer Dualismus.

In Begriffen wie Haustier oder Nutztier findet sich der Besitzanspruch wieder. Eine durch die Geburt als Mitglied einer speziellen Art festlegte Rolle, der das Mitglied nicht entfliehen kann. Sein Lebensziel ist vorherbestimmt.

Eine Ausgrenzung findet sprachlich in der Verschiedenartigkeit der Worte statt, die gleiche Dinge beschreiben: fressen statt essen, Fell statt Haar, säugen statt stillen. Euphemismen wie schlachten, statt den einzig wahren Begriff dafür zu nutzen: ermorden.

Unreflektiert ihrer sprachlichen Kraft werden diese Wörter benutzt. Die Liste könnte beliebig lang fortgeführt werden.

Diese Kategorien jedoch sind konstruiert und resultieren aus einer auf Ausbeutung basierenden menschlichen Denkweise, die sich herunter brechen lässt auf: Leben wird nicht Leben genannt, Gleiches nicht als Gleiches geachtet.

Wie befreien wir uns aus diesem Denken?

Es muss eine radikale Revolution stattfinden: Eine Befreiung aus den Fängen sprachlich-gedanklicher und tatsächlicher Unterdrückung.

Denn auch der Mensch hält sich durch diese Einstellung selbst in Fesseln. Um frei zu sein, muss man zuerst sich selbst frei machen, schrieb einst schon Max Stirner.

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Empörung, Essay

Über Musik

Es ist erstaunlich, was zum zum Denken anregt: Zu den Klängen von Pink Floyds Dark Side Of The Moon an einem Sonntag Morgen mache ich mir Gedanken über den Stand der Musik in der Welt.

Angeregt wurde ich auch schon durch ein Gespräch von Freitag Abend, wo ein gerade kennengelernter Audiotechniker folgenden Satz formulierte, der sich mir mittlerweile in mein Gehirn gepflanzt hat: “Heutzutage geht es nicht mehr um die Klänge, sondern um die Anzahl der Verkäufe”. Es ging darum, welche hervorragende Qualität Plattenspieler liefern im Gegensatz zu CDs oder erst recht MP3s und dass Songs extra von der Klangbandbreite begrenzt werden (müssen?).

Es kann sein, dass dieser Satz etwas abgewandelt gesagt wurde, da er erst in meinem Kopf die Formen annahm, die er für mich jetzt vertritt. Denn er sagt alles aus, was die Musik seit der Jahrtausendwende für mich verkörpert – und nicht verkörpert.

Dass heute das, was wir unter “Musiker” verstehen, nicht mehr der Singer-Songwriter ist, sondern eine Marionette, die Songs aus einer Massenproduktion erhält und diese interpretiert (was soll das eigentlich bedeuten, bezogen auf etwa Britney Spears? Wo ist ihre “Interpretation”, ihre Deutung?). Wenn ich “heutige ‘Musiker'” sage, meine ich die Chartgrößen. Ich meine nicht die vielen kleinen Bands, die in Deutschland und auf der Welt proben, um ihre Musik zu verbessern, eigene Texte dazu schreiben, experimentieren. Auch nicht die Straßenmusiker und ihr Herzblut.

Das heutige Musikbgeschäft erinnert mich an den Künstler Martin Kippenberger, der seine Werke auch nicht selbst anfertigte und sich einfach durch seine Show, das Drumherum, von anderen Künstlern abhob. Und Erfolge feierte. Doch welche wichtige Bereicherung lieferte Kippenberge der Kunst mit der Kunst, die er nicht selbst anfertigte?

Für mich wird Musik in letzter Zeit immer wichtiger. Mir geht es dabei nicht darum, wie oft ein Stück oder ein ganzes Album verkauft wurde, sondern um den künstlerischen, experimentellen Ansatz daran, die Bedeutung der Lyrics, das Zusammenspiel von ebendiesen und Melodie, schlichtweg: um genau das, worum es den heutigen “Musiker” nicht mehr geht.

Die Musik, die heute produziert wird, verträgt sich nicht mit meinem Hörverhalten. Ich möchte mir nicht stupide Partymucke reinballern à la “Hey, das geht ab” oder “Fire burnin’ on the dance floor” und ich möchte nicht sich wiederholende Loops und Synthesizergedöns – ich möchte Musik. Gitarrenriffs, belastete Stimmen bis zum Äußeren, Kunst. Ja, Kunst.

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf versteht man meine Aussage, dass ein wahrer Musiker froh wäre, wenn seine Musik getauscht würde, hoffentlich besser. Denn dem echten Musiker geht es darum, Menschen mit seiner Kunst zu begeistern. Und wenn Menschen seine Kunst nun einmal auf YouTube konsumieren möchten…

Es gibt Augenblicke, da liege ich auf dem Bett, höre ein Musikstück und bin so ergriffen, dass ich die Schönheit dieses Musikstückes über meine Umwelt stelle, abhebe sozusagen. Das ist Kunst.

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Essay

Über die Arbeit

Da ich einer Diskussion letztens die Frage aufkam, wie ich Arbeit definiere, habe ich mir darüber Gedanken gemacht und meine Grundthese einmal zusammengefasst:

Für mich bedeutet Arbeit nicht, dass ich einem Unternehmen diene, sondern dass das Unternehmen mir dient. Nicht so, dass das Unternehmen für mich arbeitet (im Sinne von Dienerschaft), sondern dass es meine Weiterentwicklung und -bildung als Mensch beflügelt und mir so einen Mehrwert schafft, mir dient. Diese Wissensvermittlung läuft oft im Rahmen der Tätigkeit ab, kann aber auch durch einzelne Menschen ausgelöst werden. Wenn zwischen den Interessen des Unternehmens und den Lern- und Entwicklungsinteressen des Arbeitnehmers Synergien vorherrschen, dann ist das optimal.

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Das Internet geht nicht mehr weg, Essay

Manifest der Digital Natives

Wir sind die Assimilanten der digitalen Kultur, unser Leben gestalten wir digital. Dies ist unser Manifest. Es richtet sich an alle, die mit uns kommunizieren oder kollaborieren möchten.

Wir sind die Generation Internet
Wir sind die Evolution der Fernseh-Generation, deren gemeinsames Schicksal der Passivität noch heute Kultur und Gesellschaft prägt. Indem das Leben der Zuschauer hinter geschlossenen Türen stattfindet, entwickeln diese in Abgrenzung zur Masse ihre Individualität. Doch während die Fernseh-Generation selbst bei Ausflügen ins interaktive Internet sich hinter Pseudonymen versteckt und weiterhin passiv als (Be-)Sucher Inhalte auf nun neue Weise konsumiert, sind wir es, welche die Interaktivität als (Be-)Nutzer tatsächlich leben. So sind wir Individuen in der Unterschiedlichkeit unserer Netzwerke, immer und überall online, als Peer im Kontakt mit unseren Netzwerken. Die Tauschkultur im Netz ist unser Werk und die offene Gesellschaft unser Ziel.

Das Netz wirkt auf die Welt
Wir Digital Natives verstehen das Virtuelle als Teil der Realität. Auch wenn Virtuelles nicht physisch ist, hat es dennoch einen erheblichen Einfluss auf das Denken und Fühlen. Betrachtet man das Internet als geistigen Lebensraum, so sind dessen Auswirkungen reale Wirklichkeit. Indem wir online sind, flüchten wir nicht vor der Realität, sondern partizipieren an der virtuell erweiterten Realität des 21. Jahrhunderts.

Netzwerke sind die besseren Problemlöser
Wir arbeiten vernetzt und kollaborieren in dynamischen und offenen Netzwerkteams. In unserem Arbeitsleben spielt die kollektive Intelligenz eine große Rolle. Crowdsourcing ist ein Begriff, der nicht nur unsere Arbeitsweise geprägt hat, sondern unser ganzes Denken. Nicht zuletzt wegen der vielfältigen Kommunikationsinstrumente, von (Micro-)Blogs bis Wikis, können wir jederzeit und zu jedem Thema mit anderen zusammenarbeiten. Eine Arbeit, die uns bisher Stunden gekostet hätte, wird durch ein Micro-Posting zu einer Sache von Minuten. Die Schwierigkeit eines Problems misst sich bei uns nicht am Wissen des Individuums, sondern seiner Fähigkeit zur vernetzten Kommunikation. Abhängig vom Grad der individuellen Vernetzung gelingt es uns, für fast jedes Problem eine Lösung zu finden.

Allerdings funktioniert Crowdsourcing nur, wenn die Arbeit öffentlich zugänglich ist. Wir Digital Natives fordern deshalb die digitale Öffnung und digitale Modernisierung der Arbeitswelt. Zu viele Ideen sind als Interna gestorben. Sie erhielten nie die Chance, die Welt zu verändern oder wenigstens Sympathie für das Unternehmen zu erwirtschaften.

Wir befreien die Arbeit
Klassische Neun-bis-fünf-Uhr-Jobs sind ein Relikt aus den Zeiten der Industrialisierung. Es wird Zeit, die Arbeit von starren Arbeitsmodellen zu befreien. Als Netzwerkindividuen befinden sich unsere globalen Kontakte in verschiedenen Zeitzonen, sodass die klassischen Arbeitszeiten für uns kontraproduktiv sind. Und auch den Arbeitsablauf wollen wir flexibel gestalten können. So lassen sich verschiedene Aufgaben miteinander verknüpfen und damit effizienter und schneller erledigen, wenn nicht sogar Synergieeffekte dafür sorgen, dass inhaltlich neue Ideen gefunden werden.

Genauso arbeiten wir lieber ortsunabhängig an der Stelle, die uns gerade am nützlichsten erscheint. Das kann ein Café, ein Büro oder das Homeoffice sein. Das Internet erlaubt uns, von überall aus mühelos auf arbeitsrelevante Daten und Instrumente zugreifen zu können.
Flexible und öffentliche Arbeitsmöglichkeiten, flache Hierarchien und Mitbestimmung sowie Vertrauen, motivierende Herausforderungen und eine ergebnisorientierte gerechte Bezahlung sind die Arbeitsqualitäten unserer Wahl.

Arbeit kann nur privat sein
Unser Wertesystem kennt neben Lohn auch den Wert der Selbstverwirklichung und Eigenmotivation. Zwischen Arbeit und Privatleben zu unterscheiden fällt unter diesen Voraussetzungen schwer. Für uns gehört es zum Alltag, dass viele Angelegenheiten in beide Kategorien fallen und somit immer nach persönlichen Maßstäben und anhand allgemeiner Moralvorstellungen bewertet werden.
Eine Arbeitsstelle messen wir also daran, welche persönlichen Wachstumschancen sie uns eröffnet und wie motivierend ihr Arbeitsumfeld für uns sein kann. An Unternehmen schätzen wir, neben dessen Transparenz und Offenheit, auch den sozialen Umgang mit Arbeitnehmern und Umwelt.

Unsere Verantwortung zur Öffentlichkeit
Weil wir unsere Stärke in der öffentlichen Zusammenarbeit wissen, teilen wir nur zu gerne unser geistiges Kapital und schaffen damit freie Wissensressourcen. Konkurrenzdenken gibt es bei uns nicht, dafür aber Wettbewerb um die besseren Ideen und Reputation für erbrachte Leistung.
Wir kennen das Potenzial von freiem Wissen und fordern deshalb den freien Zugang zu allen steuerlich geförderten Forschungsergebnissen und Lernmaterialien. Gleichzeitig soll es Bildungseinrichtungen finanziell und inhaltlich ermöglicht werden, die zur Verwendung der Informationen notwendige Medienkompetenz an die zukünftigen Generationen vermitteln zu können.

Für uns ist es von großer Wichtigkeit, dass freie Wissensressourcen gefördert, erhalten und für jeden zugänglich gemacht werden. Als Digital Natives unterstützen wir deshalb alle Initiativen, die Informationen und Werkzeuge frei und wiederverwendbar verfügbar machen.
Die neuen Medien verstehen wir allgemein als Chance für eine bessere Welt. Ihre Veranlagung (im Sinne des lateinischen “virtus” für Kraft, Tugend), Informationen zu verteilen und zu verarbeiten, ermöglicht es den Menschen, auf viele neue Arten miteinander zu kommunizieren und sich auszutauschen. So stellt unsere digitale Kultur schon jetzt räumliche, kulturelle und damit auch politische Grenzen infrage und bietet eine echte Chance für einen partizipativ-demokratischen Kosmopolitismus. Denn als Digital Natives sind wir Weltbürger und eine der ersten globalen Generationen. Erste Schritte hin zu einer partizipativ-demokratischen Weltpolitik wären die uneingeschränkte Transparenz politischer Arbeit und Entscheidungsfindung sowie der vielfältige Ausbau der Online-Partizipation.

Das Netz hat eine Kultur
Wir verstehen das Internet als sozialen Kulturraum. Mit unseren realen Identitäten prägen wir dessen Inhalte und mit unseren sozialen Beziehungen dessen Vergesellschaftung. Im Rahmen der Legalität und manchmal auch im konstruktiven Diskurs mit dieser, sind wir hier die Exekutive, ist unsere Moral die Judikative und unser Code die Legislative. Eine vierte Gewalt wählen wir durch unsere Aufmerksamkeit.
In der globalen und diversiven Wirklichkeit unserer Netzwerke verstehen wir Relevanz vor allem als soziale Relevanz. Unsere mehrdimensionalen Netzwerke bieten die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches und der gemeinsamen Bewertung. Aufgrund der sozialen Beziehung sind Empfehlungen und Informationen aus einem dieser Netzwerke besonders relevant.

Als Digital Natives sind wir uns bewusst, dass unsere Kultur vom technischen Fortschritt abhängig ist. Genau deswegen nutzen wir frühzeitig technische Innovationen, um einerseits neue Möglichkeiten für unsere Kultur zu erkunden, und andererseits, um mit unserem Feedback Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Dem Netz gehört die Zukunft
Wie jedes Medium hat auch das Internet seine Schwächen. Durch Interaktivität und Vernetzung lässt sich jedoch Transparenz aufbauen, weswegen das Internet den anderen Massenmedien überlegen ist. Die Möglichkeit der polydirektionalen Kommunikation ermöglicht es zudem, ein vielfältigeres Abbild der Wirklichkeit zu liefern, was das Internet zum passenden Medium einer postmodernen Welt macht. Das Netz etabliert sich zu Recht als Leitmedium und dessen offene Kultur eignet sich wie keine andere als Maßstab für eine gerechte Gesellschaft der Zukunft.

Credits:
Moritz Avenarius, Björn Bauer, Nicole Braun, Andreas Dittes, Anna Dürhager, Bettina Fackelmann, Anne Grabs, Jana Hochberg, Boris Jäger, Alexander Rausch, Christian Spannagel, Dominik Wind, Simon Wind.

Robert Dürhager und Timo Heuer sind bekennende Digital Natives. Ihr Manifest verfassten sie im Zuge der Vorbereitung des dritten nationalen IT-Gipfels. Es erschien zuerst in dem Buch DNAdigital.

Willms Buhse / Ulrike Reinhard (Hg.):
DNAdigital – Wenn Anzugträger auf Kapuzenpullis treffen.
Die Kunst, aufeinander zuzugehen.

whois verlags & vertriebsgesellschaft
260 Seiten, 29.80 Euro
ISBN 978-934013-98-8
www.dnadigital.de

Das Manifest der Digital Natives ist veröffentlicht unter der Lizenz Creative Commons 3.0 “Namensnennung – Keine kommerzielle Nutzung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen” http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/de

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Essay

“What Will Change Everything?”: Die kleine Sache, die alles verändern wird

(Der nun folgende Beitrag wurde geboren, als ich mir vorstellte, wie eine Welt von Morgen aussehen könnte, in dem die Menschen einem höheren Ziel nachgehen und in dem eine neue Entwicklungs- eventuell sogar Evolutionsstufe erreicht wurde. Darüber sprach ich mit Sören Stamer. Danke an ihn für die Inspiration zu dem Thema “Menschheitsvernetzung”.)

Als die Menschheit ihren Siegeszug aus Afrika begann und sich über den Erdball verteilte, sah es lange so aus, als würden wir nicht wieder zusammenfinden und verstreut leben. Nun, tausende Jahre nach der Besiedlung Europas und Asiens und hunderte Jahre nach der Besiedlung Amerikas “wachsen” wir wieder zusammen.

An dieser erneuten Zusammenkunft der Menschheit sind einige Erfindungen wesentlich beteiligt: Das Internet, schnellere Fortbewegungsmittel und günstige Kommunikationswege erlauben es so leicht wie nie zuvor, mit anderen Kulturen und Personen in Kontakt zu bleiben und fremde Länder zu entdecken.

Menschen beginnen kosmopolitisch zu agieren, anstatt nationalistische Fehden auszutragen. Natürlich, es gibt immer noch Kriege und zwischenstaatliche Konflikte auf unserer Welt, aber wenn diese erst einmal verdrängt und hinter uns gelassen sind, wird die Welt neu erwachen und ein “Wir”-Gefühl für die gesamte Menschheit aufbauen.

Soweit so gut. Was aber wird nun alles verändern? Natürlich, Naturkatastrophen wie Meteoriteneinschläge, große Vulkanausbrüche, ein neuer “Kalter Krieg” oder eine Virus-Epidemie können uns verändern. Doch ich denke eher an etwas anderes: Die Vernetzung der gesamten Menschheit zu einem höheren Wesen.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass “Leben” in naher Zukunft nicht mehr in unsere heutigen Schemen, etwa Atmen oder Stoffwechsel, passt. Mit der Entwicklung von künstlicher Intelligenz und Maschinen, die menschliche Intelligenz haben, werden die alten Kennzeichen des Lebens obsolet.

So wird es auch bei der Idee der Menschheitsvernetzung sein. So wie die Vielzeller — darunter wir Menschen — sich vor mehr als zwei Milliarden Jahren aus Einzellern entwickelten, wird diese Menschheitsvernetzung eine Entwicklung aus vielen Vielzellern (Menschen) sein. Das Buch “Die Weisheit der Vielen” hat gezeigt, dass eine Masse klüger ist als ihr klügstes Individuum.

Die “klassischen” Vielzeller unterscheiden sich von Einzellern durch einen gemeinsamen Stoffwechsel, durch eine Aufgabenteilung und durch die Ausbildung von Geweben. Diese vernetzte Menschheit unterscheidet sich von den einzelnen Individuen durch ihren globalen Markt (sie handelt global -> Globalisierung), die weiltweite Aufgabenteilung (die wir gerade erst im Anfangsstadium an der Jobabwanderung in Richtung von Billiglohnländern sehen) und an einer globalen Infrastruktur (etwa internatiomale Flughäfen oder internationaler Gütertransport).

Doch dadurch werden wir nicht unsere eigene Identität verlieren, die uns zum Menschen macht. Wir werden so weiterleben wie bisher. Jeder hat weiterhin seine Aufgabe, doch es wird ein höheres Ziel geben. Ist dies der Anfang einer neuen Entwicklungs- oder Evolutionsstufe?

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