Essay

Einkaufstour – Chronik eines Milliardendeals

Der Akquisition YouTubes durch den Suchmaschinenprimus Google im Oktober des vergangenen Jahres waren verschiedene Gerüchte vorausgegangen. Der vom Amerikaner Michael Arrington geführte Weblog Techcrunch berichtete drei Tage vor der Veröffentlichung des Millardendeals von einem “komplett unbegründeten Google/YouTube-Gerücht”. Arrington behauptete, der Preis würde bei 1,6 Milliarden Dollar liegen. Weiter schrieb der angesehene Blogger:

A quick phone call to a VC confirmed that the rumor is circulating [Ein kurzes Telefongespräch mit einem Risikokapitalgeber bestätigte, dass das Gerücht sich schnell ausbreite.]

Wenig später setzte Arringtons Mitarbeiter Marshall Kirkpatrick ebenfalls bei Techcrunch einen Beitrag auf, der wiederum einen vom Wall Street Journal geschriebenen Artikel zitiert. Kirkpatrick schreibt:

Web-search giant Google is in talks to acquire YouTube for roughly $1.6 billion, a person familiar with the matter says. [Suchmaschinen-Gigant Google ist in Gesprächen mit YouTube, um es für rund 1,6 Milliarden Dollar zu übernehmen, sagt eine mit dem Thema vertraute Person.]

Auch der britische Weblog Mashable berichtet über die Gerüchte. Er beruft sich auf ein Blogposting von Andrew Ross Sorkin bei DealBook. Der Journalist bei der New York Times schreibt in jenem:

Barring a last-minute snag in the talks, the boards of both Google and YouTube were scheduled to hold separate board meetings on Monday to approve the deal, with an announcement possible after the close of regular trading. [Falls in den Gesprächen in letzter Minute keine Schwierigkeiten auftauchen, waren für die Vorstände von Google und YouTube separate Sitzungen am Montag geplant, um den Deal zu genehmigen, mit einer möglichen Anküdigung nach regulärem Handelsschluss.]

Zur selben Zeit etwa saßen vier wichtige Geschäftsleute in einem Restaurant einer amerikanischen Kette: Googles CEO Eric Schmidt, Google-Gründer Larry Page sowie die beiden YouTube-Gründer Chad Hurley und Steve Chen. Die beiden ersteren machten den YouTube-Leuten ein eigentlich unablehnbares Angebot, doch trotzdem wollten die beiden Jungunternehmer zwei Tage Bedenkzeit. Schließlich nahmen sie an.

Bei einer Telefonkonferenz geführt von Google erhält man weitere Informationen. Michael Arrington, wie oben erwähnt Chefblogger bei Techcrunch, notierte sich einige Informationen und verwies sogar auf einen Mitschnitt des interessanten Gesprächs, das darüber hinaus auch bei Google angehört werden kann. Anwesend waren von Seiten der beiden Unternehmen Eric Schmidt, Chad Hurley und David Drummond, der General Counsel von Google. Schmidt begann das Gespräch. Er sagte, Chad und Steven errinnern ihn an Larry und Sergey, die beiden Google-Gründer und heutigen Multimilliardäre.
Dann reißt der 29-jährige Chad von YouTube das Gespräch an sich, beginnt die Gründe für eine Annahme des Kaufaungebots darzulegen, schreibt Arrington:

He says Google’s ad platform will integrate perfectly into YouTube. Says the cultures are very similar. [Er sagt, Googles Werbeplattform wird sich perfekt in YouTube integrieren und die Kulturen sind recht ähnlich.]

In diesem Gespräch finden die Teilnehmer auch auf eine sehr interessante Frage eine Antwort: Wieso wird das Unternehmen mit Google Aktien bezahlt? David Drummond nennt einen einfachen Grund: Dann ist es für die Aktionäre von YouTube steuerfrei.

Auch einer der bekanntesten deutschsprachigen Blogger, nämlich Robert Basic, schreibt kurz nach dem Bekanntwerden der Akquisition einen sehr interessanten Beitrag. Er meint dort, dass “noch viel wichtiger als der Deal per se, die ganzen nun folgenden Vereinbarungen (s.u.) mit den eigentlichen Herren am Platz, den Medienmogulen [sind]”.

Die Übernahme Googles ist ebenso eine Art Horrorszenario für einige Videomacher. Sie befürchten, dass YouTube und Google Video sich zusammenschließen könnten. So existieren bei YouTube selbst einige Videos, die GoogleTube, eine Fusion von Google Video und YouTube prophezeien.

Ebenfalls ein sehr bekanntes Video in diesem Zusammenhang ist eines der beiden YouTube-Gründer, das diese auf ihrer eigenen Plattform einstellten. Darin redeten sie anderthalb Minuten zum gerade vollzogenen Deal. “Heute haben wir aufregende Nachrichten für euch: Wir wurden von Google übernommen”, sagt einer der beiden. Er bezeichnet darüber hinaus Google sowie YouTube als “Kings”.

Doch lohnt sich der Kauf des Unternehmens YouTube für Google überhaupt? Die Frage nach der Profitabilität von YouTube stellte ich auch Markus Hübner, mehrfach ausgezeichneter Markenexperte und jetziger Geschäftsführer von Brandflow, die Marken ins neue Kommunikationszeitalter führen: “Die Initialkosten mögen sicherlich enorm erscheinen, da aber der Ansatz des User Generated Content auch mittel- bis langfristig sicherlich seine Bedeutung haben wird, denke ich, dass es ein guter Schachzug war”.

Doch wie wird YouTube in Zukunft aussehen? Wie in den Szenarien der Filmemacher? Wird Google es sich leisten können oder vielmehr, wird Google es wollen, dass zwei fast identische Projekte parallel laufen? Der Österreicher Markus Hübner meint, es wird langfristig nur eine weiterexistieren: “Bei der derzeitigen Marktsituation und dem Medienecho kann es mittelfristig sicherlich ein gangbarer Weg sein. Langfristig wird sich hier aber denke ich eine fokusierende Plattform herauskristallisieren”.

Michael Arrington, jener Blogger von Techcrunch, hat dazu eine ganz neue Meinung. Auf die Frage, ob YouTube für Google zum Profit oder Verlust wird sagt er: “Natürlich. Es ist derzeit ein Reviermarkieren. Sie kämpfen momentan für die Gleichberechtigung von IPTV zusammen mit dem Venice Projekt und iTunes.” Auch auf die Frage, wieso YouTube der Marktführer in der Videoszene ist, kennt Arrington eine Antwort: “Sie waren die ersten”. Das ist alles, kontere ich. “Sicher. Wenn Google Video zuerst gestartet wären, hätten sie vermutlich gewonnen. Google Video ist sehr sehr gut”.

Standard