Das Internet geht nicht mehr weg

DNAdigital-Politikbuch: Zweiter Entwurf Vorwort

Nach umfangreichen Verbesserungsarbeiten liegt nun die zweite Fassung meines Vorworts bereit. Vielen Dank an alle, die Feedback zur ersten Fassung gegeben haben, namentlich möchte ich für Feedback danken: Andreas LenzOliver GassnerDennis MorhardtMarcus SchwarzeDr. Sven PrüserJan TißlerJonathan ImmeOliver BergerSören StamerUlrike Reinhard und Wolfgang Gründinger danken. Sowie Mark Pohlmann, Ulrich Hegge, Dr. Malte Herwig, Martin Riemer & Lisa Rosa.

Habe trotzdem noch das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Und auch die Forderung ganz am Ende fiel mir etwas schwer. Fällt euch etwas auf?

Hier folgt der Text:

Der Netzaktivist John Perry Barlow schrieb bereits 1996 in der “Declaration of the Independence of Cyberspace”: “Regierungen der industriellen Welt, Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft bitte ich Euch, Vertreter einer vergangenen Zeit: Laßt uns in Ruhe!”

Dass Politiker sich heraushalten, wäre jedoch falsch. Ein richtiger Schritt wäre, sich mit dem Internet auseinanderzusetzen. Mit seinen Chancen etwa, die es hinsichtlich mehr Basisdemokratie und ungefilterter Informationsbeschaffung der Bürger bietet. Schnell würden sie bemerken, dass der mutmaßliche rechtsfreie Raum im Internet gar nicht exisitiert.

Wenn Politiker selbst die Bühne des Webs betreten und versuchen, einen Dialog zu führen, sollten sie eine wichtige Komponente beachten, die für einen erfolgreichen Dialog unabdingbar ist: Zuhören. Sie müssen sich bewusst machen, dass sie im Medium Internet nicht mehr nur Sender sind, der Reden hält und einen Monolog führt. Durch das Internet werden die Bürger antworten.

Menschenmassen für eine Sache zu mobilisieren, hat Barack Obama verstanden wie bisher kein Präsidentschaftskandidat vor ihm. Er wurde der erste Internetpräsident, wie John F. Kennedy 1960 nach dem legendären Fernsehduell mit Richard Nixon der erste TV-Präsident wurde. Vor allem bei jungen Leuten — den “Digital Natives” — konnte er durch seine lockere und authentische Art punkten.

Jene “Digital Natives”, denen das Internet mit in die Wiege gelegt wurde und die eine Welt ohne diese Technologie nicht kennen. Keineswegs sind die unpolitisch, sie sind nur nicht parteipolitisch. Sie wünschen sich Politiker, die sich in ihrem Umfeld aufhalten (diese Nähe muss nicht unbedingt physisch sein). Sie wünschen sich authentische und menschliche Politiker, die sich nicht hinter ihrer Fassade verstecken. Eine Parteiwebsite mit Bildern von Flickr, die von einem professionellen Fotografen geschossenen wurden oder Auftritten in Online-Videos, bei denen von perfekt formulierten Textbausteinen abgelesen werden bewirken bei ihnen nichts.

Für sie ist Politik etwas, das weit weg passiert. Und etwas, das realitätsfern ist. Die Debatte um ein Verbot von Paintball, immer wieder aufkeimende Rufe nach einem Bann der Killerspiele oder gar die “Internetzensur” – damit macht man den Lebensraum dieser jungen Leute kaputt. Und man gibt ihnen das Gefühl, dass die Politiker sich eh “dort oben” befinden. Deshalb ist Nähe vermitteln wichtig.

Das Internet könnte als wichtigstes kulturhistorisches Gut seit dem Buchdruck (mit dem die Möglichkeit, Schriften leicht und schnell zu vervielfältigen einherging) in die Geschichtsbücher eingehen. Die Politik muss erkennen und begreifen, dass das Internet in Zukunft einen noch höheren Stellenwert als bisher eingeben wird. Dieses Buch soll als Hilfe dienen. Entstanden aus der Initiative DNAdigital, bietet es einen guten Einstieg in die Welt der mit dem Internet aufgewachsenen und ihre Sicht auf die Politik.

Ihr/Euer
Timo Heuer

Standard
Empörung

Internetsperren: Der falsche Weg (von einem Jungwähler aus Ihrem Wahlkreis)

Sehr geehrter Herr Miersch,

ich wende mich an Sie sowohl als Bürger Ihres Wahlkreises und als Jungwähler. Sicherlich haben Sie die Diskussionen über die geplanten Sperrmaßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Kinderpornografie verfolgt. Ich möchte Sie bitten, gegen das Gesetz zu stimmen. Meiner Meinung nach sind die Maßnahmen aus folgenden Gründen abzulehnen:

1. Sie schaffen damit einen Zensurmechanismus in Deutschland, der – wenn nicht sofort, dann sicherlich im Laufe der Zeit – missbraucht werden kann. Erste Vertreter der Musikbranche fordern bereits die Sperrung urheberrechtlich geschützer Inhalte. Weitere Forderungen werden sicherlich folgen. Außerdem: In Finnland landeten sogar gegen die Zensur gerichtete Inhalte auf die Sperrlisten.

2. Das Gesetz ist klar verfassungswidrig, denn die grundgesetzlich gesicherte Gewaltenteilung wird teilweise ausgehebelt: Durch das Gesetz bekommt das BKA alleinige Befugnis. Keine Kontrollinstanz (bspw. ein Richter) kann die Sperrlisten prüfen.

3. Eine Sperrung kinderpornografischer Inhalte ist nur ein Vorhang. Die Inhalte bleiben aber – leider – weiterhin bestehen. Einen wirksamen Schutz bietet einzig und allein eine Löschung der Inhalte. (Und dass Löschen funktioniert, zeigt Alvar Freude eindeutig).

4. Die meisten der Server mit kinderpornografischen Inhalten stehen in Ländern, in denen die Verbreitung dieser Inhalte eine Straftat ist und geächtet werden kann. (Auswertung: https://scusiblog.org/?p=850)

5. Die “Digital Natives” oder digitale Generation wird sich noch weiter von der Politik abwenden. Fast alle dieser Internetexperten lehnen das Gesetz ab. Unterstützende Parteien werden für sie “unwählbar”.

6. Über 130.000 Menschen und Unterzeichner der erfolgreichsten Petition des Deutschen Bundestages haben sich für die Löschung der Inhalte und gegen die Sperrung (unter dem Motto “Löschen statt Sperren”) ausgesprochen.

7. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages ist gegen die Internetsperren.

Ich bin definitiv dafür, kinderpornografische Inhalte aus dem Netz zu löschen. Ich bin aber nicht dafür, sie zu sperren und einen Vorhang davor zu hängen. Es wär einzig und allein ein Scheinschutz, der natürlich vor einer Bundestagswahl bei dem Großteil des Volkes ankommt. Bitte lassen Sie sich nicht durch das populistische Getue von Frau von der Leyen manipulieren.

Bei Fragen, wenden Sie sich gerne an mich.

Hochachtungsvoll,

Timo Heuer

P.S. Auch der Verein “MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren” ist gegen die Netzsperren. Mehr: http://mogis.wordpress.com/wer-wir-sind/

Standard