Früher sah ich oft eine alte Frau am Fenster stehen. Sie stützte die Arme auf die Fensterbank und tat nichts, außer schauen. Manchmal weit in die Ferne, manchmal direkt in mein Gesicht.
Im Fenster neben ihr saß ein Wellensittich in seinem viel zu kleinen Käfig. Zwar war es dieselbe Wohnung, doch beide waren nie an einem Fenster, immer war der Vogel an dem einen, die alte Frau an dem anderen.
Den genauen Zeitpunkt, an dem ich aufhörte, die alte Frau am Fenster zu sehen, nahm ich gar nicht wahr. Da war ja noch der Vogel. Es gab nie den Gedanken: ›Oh, die alte Frau ist nicht am Fenster‘. Erst später fiel es mir auf: ihr Fenster war plötzlich leer, während der Wellensittich nach wie vor in seinem zu kleinen Käfig hüpfte dort in seinem zweiten Fenster.
Dann, von einem Tag auf den anderen, war auch er verschwunden.