Lange habe ich nun dieses Album schon gefeiert. Und das tue ich nach wie vor. Weil Casper mit “XOXO” etwas gelungen ist, das jeder Künstler versucht, doch nur einem Bruchteil gelingt: die essentiellen Facetten des menschlichen Lebens zu erkennen, ihnen nachzulaufen, sie einzufangen, sie schonungslos mit mal harten, mal weichen Worten vorzuführen und in ein Album zu komprimieren. Und vor allem: uns nachdenklich zu lassen.
Dabei zeigt er nicht mit dem Finger, sondern nickt uns mit dem Kopf zu. Man kann “XOXO” zehn Mal hören, jeweils einige Wochen dazwischen, und jedes Mal wird dich ein anderer Song einnehmen. Du wirst ihn immer wieder neu, anders interpretieren, fühlen und auf dein Leben anwenden können. Casper gibt dir die Bedeutung des Songs nicht vor, er sagt dir nicht, wie du dich fühlen sollst, sondern zeichnet dir eine Stimmung. Mit seinem Pinsel, den Beats und Lyrics, malt er allerdings weder hell noch dunkel, sondern malt den Song mal hell, mal dunkel – die Farben hängen von dir ab.
Das “Grizzly Lied” etwa verstehe ich aus so unterschiedlichen Perspektiven, die immer aus mir selbst kommen, aus der traurig-melancholischen und aus der mutmachenden. Denn Casper gibt nicht auf, er gibt Hoffnung, auch dort, wo andere Menschen keine Hoffnung nicht weiterdenken. Und deshalb, weil ich so viel in so wenig fand, ist Caspers “XOXO” für mich das Album, das Album des Jahres 2011.